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Der Neubau bzw. die Vergrößerung der Salziger Kirche

Der Neubau bzw. die Vergrößerung der Salziger Kirche

aus der Schulchronik von Johann Goepel, Hauptlehrer in Salzig

Am 27. Januar 1899 wurden die ersten Spatenstiche zum Neubau unserer Pfarrkirche getan. Mit der Ausführung des Baues wurde Herr Architekt Fisenne aus Gelsenkirchen betraut. Dieser übertrug die Maurerarbeiten dem Herrn Maurermeister Adam Schott aus Wallhausen bei Kreuznach. Am 6. März wurde der erste Stein zum Neubau gelegt und zwar an dem zweiten Pfeiler vom Turm aus auf der rechten Seite des Mittelschiffes. Der Schreiber dieser Zeilen hat zum Andenken selbst drei Hammerschläge auf denselben ausgeführt morgens 1/4 vor 7 Uhr. Die Maurerarbeiten schritten langsam voran. Die Steine wurden aus Kestert und der Sand aus Oberspay nach hier geschafft.
Am Pfingstmontag fand die feierliche Grundsteinlegung statt. Mittags gegen 3 Uhr bewegte sich die Prozession aus der Kirche durch die Hohl nach dem Neubau. Der Himmel zeigte ein recht freundliches Gesicht sowie auch der festlich geschmückte Neubau. Aber alsbald veränderte der Himmel seine Farbe und sein Gesicht wurde immer düsterer. Schon während der Festpredigt, die der Pfarrer von Bacharach hielt, ließ er schon einige Tropfen fallen, so dass der Prediger die Predigt schließen musste, damit die kirchlichen Funktionen noch vor dem sich zeigenden Regen vollzogen werden konnten. Aber leider hat man nicht geahnt, was kommen würde. Es trat ein so fürchterlicher Regen ein, dass das Innere des Neubaues ganz mit Wasser gefüllt wurde und niemand sich des Regens wehren konnte. So wurde die Feier abgebrochen und man zog sich in die alte Kirche zurück. Leider wurden bei dieser Feier die kirchlichen Fahnen sehr beschädigt, so dass ihre Farben ganz durcheinander liefen. Trotz des Ungewitters hatte der Opferteller ein schönes Sümmchen von über 700 M aufzuweisen. Als die Feier vorbei war, zeigte auch der Himmel wieder ein freundliches Gesicht.
Der Bau schritt nur langsam voran und ein Teil nach dem anderen musste an der alten Kirche dem Neubau Platz machen. So musste auch die alte Orgel, welche aus dem alten Karmeliten-Kloster aus Boppard stammte, weichen. Das Gehäuse wurde in kleinen Partien versteigert, wovon auch ich mir eine zum Andenken erwarb. Die Pfeifen wurden, da sie keinen weiteren Wert hatten, verkauft.
Bis Ende September war der Bau bis zur Dachhöhe auf der Nordseite fertiggestellt. Es war auf Samstag nachmittag gegen 4 Uhr, als gerade der, um diese Zeit fällige, Personenzug von Boppard hier einlief und alle Glocken plötzlich ertönten. Einige Augenblicke vorher hatten die Bewohner des Ortes ein donnerähnliches Geräusch vernommen, von dessen Ursache sie jedoch keine Ahnung hatten. Alle Leute eilten auf die Straße, um die Bedeutung des Schreckensrufes der Glocken zu erfahren. Und siehe, die Kirche war eingestürzt, der ganze innere Teil, welcher von den Pfeilern auf der rechten Seite des Hauptschiffes getragen wird. Ein entsetzliches Geschrei erhob sich, als sich heraustellte, dass zwei Arbeiter verschüttet waren. Alles suchte und forschte, wo sie stecken sollten; Kinder und Frauen liefen unter herzzerreißendem Weinen und Stöhnen umher, ihren Vater und Sohn zu suchen. Es waren dies der Ehemann Wendel Dausner und der Jüngling Georg Gras (Kunja genannt). Letzterer war bald unter den Trümmern gefunden und wurde noch am Leben angetroffen. Anscheinend äußerlich wenig verletzt, desto größer waren seine innerlichen Verletzungen. Endlich fand man auch den Wendelin Dausner; aber welch ein Anblick! Er war dermaßen mit Blut überströmt, dass man ihn kaum erkennen konnte. Aber bald war der Arzt zur Stelle, den Verletzten die erste Hilfe zu bringen. Lange mussten dieselben das Bett hüten, ehe sie wieder arbeitsfähig wurden.
Eine Halbstunde vor dem Zusammensturz saß unser Herr Pastor Johann Nick im Beichtstuhl und hörte die Erstkommunionbeichte. Alle wären verloren gewesen beim Zusammensturz, denn vom Beichtstuhl sah man unter den Trümmern keine Spur mehr.
Der Gottesdienst wurde nun vorläufig, da gerade Herbstferien an dem Tage begannen, in der ersten Knabenklasse gehalten. Nach den Ferien wurde der Tanzsaal von Sebastian Bock gemietet, in welchem der Gottesdienst bis zum 1. Mai 1900 gehalten wurde und Sebastian Bock hierfür eine Vergütung von 400 M erhielt, was gewiss nicht zu wenig war. Am 1. Mai 1900 wurde dann die inzwischen neu erbaute Schule bezogen und die zwei neuen Säle zum Gottesdienst benutzt. Hier blieb man dann bis man in die neue Kirche einziehen konnte. Das Allerheiligste wurde während dieser Zeit im Pfarrhaus aufbewahrt.
Der Neubau der Kirche ruhte nun vollständig. Die Sache wurde eingehend untersucht und beide Teile, Herr von Fisenne sowie auch Maurermeister Schott, wurden zu Koblenz gerichtlich gestraft, da die Ursache des Zusammensturzes dem einen wie dem anderen mehr oder weniger zur Last gelegt wurde.
Mit der zweiten Ausführung des Neubaues wurde der Unternehmer Johann Reckermann aus Pfaffendorf betraut, welcher dann seine Sache zur vollen Zufriedenheit ausgeführt hat. Am Weißen Sonntag 1901 wurde wieder zum ersten Male in der neuen Kirche Gottesdienst gehalten, in welchem die Kinder ihre erste hl. Kommunion empfingen. Der Gottesdienst wurde jedoch vorläufig an dem alten Hochaltar gehalten, da der Fußboden, wie auch die neuen Altäre, noch nicht soweit fertig gestellt waren.
Endlich am 2. August konnte dann unter großen Feierlichkeiten die neue Kirche ganz bezogen werden. Die Einsegnung wurde von Herrn Dechant Brosius aus Hirzenach vorgenommen, die Festpredigt hielt Herr Dr. Professor Neyer (ein geborener Salziger, Lehrer am Priesterseminar zu Trier); auch waren viele andere Geistliche zu der Feier erschienen.
Alles freute sich nun, ein würdiges Gotteshaus zu besitzen.